Angesichts der Vereinbarungen des Bildungsgipfels im Dezember 1989 zur Förderung von Graduiertenkollegs erneuert der LHG seine Kritik an Graduiertenkollegs und bekräftigt seine Ablehnung dieser Einrichtungen.

Die genannten Vereinbarung benennt als Ziel die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch Beteiligung an der Forschung. Dies kann sehr viel besser durch die Förderung von Forschungsprojekten im Rahmen der normalen Hochschularbeit erreicht werden. Dabei können auch Studierende eingebunden und der Bezug zur Lehre hergestellt werden, eine Bedingung, die von Graduiertenkollegs nicht erfüllt wird.

Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses beginnt im Studium, sie kann nicht in einem nach dem Studium stattfindenden „Forschungsstudium“ erreicht werden.

Das Bundesbildungsministerium sieht in den Graduiertenkollegs einen wichtigen Schritt zur Einrichtung eines solches Forschungsstudiums nach einem Hockschulexamen. Es bestätigt damit die bereits geäußerten Befürchtungen des LHG: Graduiertenkollegs bedeuten die Trennung zwischen der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, also der vertieften wissenschaftlichen Ausbildung, und den anderen Teilen des Studiums.

Am Ende dieser Entwicklung steht ein 2-Stufen-Modell des Studiums: Einerseits eine verschulte Kurzausbildung mit berufsqualifizierendem Abschluss, andererseits eine darauf aufbauende getrennte wissenschaftliche Ausbildung, die diesen Namen nicht verdient, da sie die Defizite des Grundstudiums nicht mehr ausgleichen kann.

Dieses Ziel der Einrichtung von Graduiertenkollegs, die Ersetzung des wissenschaftlich ausgerichteten Studium durch ein 2-Stufen-Modell mit berufsqualifizierender Ausbildung und anschließendem Forschungsstudium, nennt die Vereinbarung zwischen Bund und Länder „Neuordnung des Studiums“. Eine solche Neuordnung lehnt der LHG entschieden ab. Sie widerspricht unseren Ansprüchen an ein Studium mit wissenschaftlichen Anspruch und der Einheit von Forschung und Lehre.

Nach Ablauf der Mindestgeltungsdauer der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern im Jahre 1995 muss eine umfassende Erfolgskontrolle stattfinden. An dieser Erfolgskontrolle müssen neben dem Wissenschaftsrat, der selbst die Gründung der Graduiertenkollegs angeregt hat, auch Vertreter der Studierenden und des wissenschaftlichen Nachwuchs beteiligt sein.

Kriterium zur Erfolgskontrolle darf nicht nur eine Verkürzung der Promotionszeiten sein. Die Auswirkung der Einrichtung von Graduiertenkollegs auf Studium, Lehre und andere Forschungsaktivitäten der betreffenden Universitäten ist ebenfalls zu prüfen.

Bund und Länder bleiben aufgefordert, andere Wege zur dringend nötigen Verkürzung der Promotionszeiten zu entwickeln.